Wegerecht: Qualität
des Weges - Ausbau zur Rennstrecke?
(ho)
Über 20 Jahre lang ging es ohne eingebaute Bodenschwellen; Nachbar
A darf kraft eines eingeräumten Wegerechts (Grunddienstbarkeit) die
Privatstraße von Nachbarn B als Zufahrt zu seinem Grundstück
mitbenutzen. Im Jahre 2023 baut B Bodenschwellen ein, um den schneller
gewordenen Autoverkehr auf der Straße etwas zu verlangsamen. A schmeckt
das überhaupt nicht. Er klagt gegen B auf Beseitigung der Bodenschwellen
(§§ 1027, 1004 BGB). Erstinstanzlich „blitzt“ er
ab.
Das KG beabsichtigt, die eingelegte Berufung dagegen zurückzuweisen
(KG, Beschluss vom 14.3.2025 - 21 U 202/24, juris = NJW-Spezial 2025,
386 = IMR 2025, 206).
Die Gründe:
Zwar müsse der Grundstückseigentümer die ungehinderte Nutzung
eines Weges, an dem ein Wegerecht bestehe, ermöglichen (§§
1027, 1024 BGB), doch gelte dies nicht unbeschränkt. Denn §
1020 BGB beschränke das Wegerecht in der Ausübung durch die
Interessen des Grundstückseigentümers. Folglich seien dessen
Interessen gegen die Interessen des Wegeberechtigten an der uneingeschränkten
Ausübung seines Rechts abzuwägen.
Hier überwiege das Interesse des Grundstückseigentümers
an einer angemessenen Geschwindigkeit beim Befahren der Zufahrt.
Die angebrachten Bodenschwellen seien dafür geeignet, erforderlich
und verhältnismäßig. Auch im öffentlichen Straßenraum
seien sie ein bewährtes Mittel zur Reduktion der Geschwindigkeit.
Konkrete Gefahren gefahrener überhöhter Geschwindigkeiten müssten
für den Nachweis einer Erforderlichkeit von Bodenschwellen nicht
begründet sein. Eine „generell-abstrakte Gefahr“ reiche.
Die Maßnahme sei auch zumutbar. Denn der klagende A fahre auf der
Zufahrt zu seinem Grundstück ohnehin Schritttempo. Wesentlich längere
Fahrzeiten ergeben sich deshalb nicht. Auch der Fahrkomfort bleibe im
Ergebnis ohne Belang. Befürchtete unangenehme Erschütterungen
bei schnellerer Fahrweise könnten durch das eigene Fahrverhalten
vermieden werden.
Auch für Dritte seien die Bodenschwellen nicht unzumutbar. Behinderungen
für einzelne Verkehrsteilnehmer, zum Beispiel für Rollstuhlfahrer
oder Fußgänger mit Rollatoren, blieben außer Betracht.
Denn es komme auf den „durchschnittlichen“ Verkehrsteilnehmer
an. Auch für dringliche Notfälle wie zum Beispiel Einsätze
von Rettungsfahrzeugen gelte deshalb nichts anderes. Vergleichbare Störungen
seien auch im öffentlichen Straßenverkehr möglich, dort
Bodenschwellen auch üblich.
Quintessenz:
Der Wegeberechtigte kann eine gefahrlose Nutzung des Wegs verlangen,
mehr nicht - und erst recht keine „Rennstrecke“. Dem Grundstückseigentümer
wird gesetzlich das Interesse zugebilligt (§ 1020 BGB), dass das
Wegerecht grundsätzlich schonend ausgeübt wird. Im Rahmen dessen
kann er auch trotz der Belastung mit einem Wegerecht sein Eigentum nach
eigenem Gutdünken gestalten, solange die bestehende Grunddienstbarkeit
dadurch nicht mehr als unerheblich beeinträchtigt wird. Selbst eine
Überwachungskamera mit Appellfunktion für eine gesittete Fahrweise
sieht das KG als zulässig an.
Lesetipp:
Broschüre „Abwehr nachbarlicher Störungen",
ISBN-Nr. 978-3-96434-007-8, 213 Seiten, Preis 14,95 € zuzüglich
Versandkosten
bei Einzelbestellung, zu beziehen über Haus
und Grund Deutschland.
© Dr. Hans Reinold Horst
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